Dr. Angela Merkel
Berlin, März 2009

Liebe ehemaligen Schülerinnen und Schüler
des Abiturjahrgangs 1984 aus Viersen,

gerne schreibe ich Ihnen ein persönliches Grußwort, weil mir doch die Damen und Herren Ihrer Abiturientia insofern besonders sympathisch sind, als niemand von Ihnen in die große Politik gegangen ist. Die Probleme unserer Zeit liegen ja nicht nur darin, dass zu wenig Geld im Umlauf ist, sondern dass zu viele Politiker zu viel Palaver machen, so dass sich bei mir die Sorgenfalten leider Gottes vermehren.

Die gesellschaftspolitische Bedeutung Ihrer Abgangsklassen liegt aber auch darin, dass Sie Vorreiter der Emanzipation sind. Eine kleine Minderheit selbstbewusster Schülerinnen machte sich Anfang der 80-er Jahre daran, sich in den reinen Jungenklassen des „Huma“-Gymnasiums zu behaupten. Noch größeren Respekt zolle ich den kaum 20 Schülern, die sich umgekehrt unter die 70 Schülerinnen des Gymnasiums an der Löh gemischt haben und die – wie mir Herr Ministerpräsident Rüttgers versichert hat – dennoch nur geringe nachhaltige Schäden davongetragen haben.

Wie ich den Unterlagen des Bundesnachrichtendienstes entnehme, sind aus Ihren Reihen Persönlichkeiten hervor gegangen vom Seelsorger bis zum Richter, vom Arzt bis zum Lebenskünstler. Einige sind kinderreiche Mütter bzw. Väter geworden, einige haben auch außerhalb des Ehestandes Kinder gezeugt bzw. geboren, also eine gesellschaftliche Entwicklung vorweg genommen, die heute als Normalfall akzeptiert wird. Wieder andere sind in Übersee tätig, wobei ich diese Herrschaften davor warne, an Empfängen des Außenministers Steinmeier teilzunehmen, weil diese darauf hinauslaufen, um Briefwahl-Stimmen für die Bundestagswahl zu werben.

Ich wünsche Ihnen eine gelungene Feier und eine gute Gesundheit, zumindest bis zur Bundestagswahl.

Mit besten Grüßen

Ihre